Versicherungsgenossenschaften und „Reciprocal Insurance“ – zwei Systeme, ein Prinzip
Versicherungsgenossenschaften und „Reciprocal Insurance“ – zwei Systeme, ein Prinzip
Sowohl in Europa als auch in den USA reichen die Ursprünge gemeinschaftlicher Versicherungsformen bis ins 19. Jahrhundert zurück – mit dem gemeinsamen Ziel: Schutz durch Solidarität. Während sich in Europa die Versicherungsgenossenschaft als Rechtsform etablierte, entstand in Nordamerika das Konzept der Reciprocal Insurance Exchanges – auch „wechselseitige Versicherungen“ genannt.
Beide Modelle basieren auf einem ähnlichen Grundgedanken: Die Versicherten sind gleichzeitig Träger der Versicherung. Es gibt keine externen Aktionäre, die auf Gewinne angewiesen sind. Stattdessen profitieren die Mitglieder selbst von einem wirtschaftlich nachhaltigen Umgang mit Risiko, Verwaltung und Schadenabwicklung.
Was ist ein Reciprocal Insurance Exchange?
Ein „Reciprocal“ ist eine gemeinschaftlich organisierte Versicherungseinrichtung, in der sich die Mitglieder gegenseitig gegen bestimmte Risiken absichern. Gegründet wurde das System in den USA bereits im 19. Jahrhundert – häufig durch Berufsgruppen oder lokale Zusammenschlüsse, die sich gegen hohe Prämien oder intransparente Bedingungen der kommerziellen Anbieter wehren wollten.
Das Modell funktioniert wie folgt:
- Die Mitglieder („Subscribers“) schließen sich zu einer Risikogemeinschaft zusammen.
- Ein sogenannter „Attorney-in-Fact“ übernimmt im Auftrag der Mitglieder das Management – vergleichbar mit der Verwaltung einer Genossenschaft.
- Gewinne werden in Form von Rückvergütungen („distributions“) an die Mitglieder ausgezahlt oder zur Stärkung der Rückstellungen verwendet.
- Entscheidungen über Richtlinien und Ausrichtung werden demokratisch von den Mitgliedern bestimmt.
Analogien zur schweizerischen Versicherungsgenossenschaft
Das Modell des Reciprocal Insurance Exchange weist zahlreiche Parallelen zur Europäischen Versicherungsgenossenschaften auf:
Reciprocal Insurance (USA) | Versicherungsgenossenschaft (CH/EU) |
---|---|
Mitglieder sind Versicherungsnehmer und Träger | Mitglieder sind Versicherungsnehmer und Miteigentümer |
Demokratische Steuerung über Mitgliedervertretung | Mitglieder verfügen über Stimmrechte an der Generalversammlung |
Attorney-in-Fact als geschäftsführende Stelle | Verwaltungsrat/Genossenschaftsführung |
Gewinne werden rückvergütet oder reinvestiert | Rückvergütung, Solidaritätsfonds oder gemeinnützige Projekte |
Kein externes Kapital von Investoren | Selbstfinanziert durch Mitgliederbeiträge |
Beide Modelle zeigen: Versicherung muss nicht gewinnorientiert sein, um erfolgreich zu sein. Vielmehr können gemeinsame Interessen, demokratische Kontrolle und nachhaltige Rücklagenverwaltung zu einem resilienten und fairen Versicherungsschutz führen – besonders in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit.
Tradition mit Zukunft
Ob in Form eines Reciprocal Insurance Exchange in den USA oder als Versicherungsgenossenschaft in der Schweiz: Die Idee der gemeinschaftlichen Risikoabsicherung hat sich über Generationen hinweg bewährt. Heute erleben diese Modelle eine Renaissance – nicht zuletzt aufgrund steigender Nachfrage nach transparenter, fairer und zweckorientierter Absicherung.
Die Hesse Group unterstützt solche solidarischen Strukturen mit professionellem Know-how, moderner Schadenbearbeitung und maßgeschneiderten Dienstleistungen – damit Genossenschaften und Reciprocals weltweit weiterhin ein starkes Zeichen für Verantwortung, Stabilität und Gemeinschaft setzen können.