Industrieversicherung
Internationale Versicherung von Großrisiken im deutschsprachigen Raum
Die Regulierung der Versicherungswirtschaft ist in Europa grundsätzlich streng: Versicherer benötigen eine staatliche Zulassung, es gelten Verbraucherschutzvorschriften und Informationspflichten.
Um den internationalen Handel und die Absicherung großer Industrieunternehmen nicht unnötig zu behindern, machen die Aufsichtsbehörden in Deutschland, Österreich und der Schweiz jedoch Ausnahmen für sogenannte Großrisiken.
Dadurch können Unternehmen mit erheblichen Versicherungsbedarfen ihre Risiken direkt bei internationalen Versicherern platzieren – selbst wenn diese keine lokale Zulassung haben. Zudem gelten viele verbraucherschützende Vorschriften der jeweiligen Versicherungsvertragsgesetze (VVG) nicht für diese Risikokategorie.
Deutschland
- Rechtsgrundlage: § 210 Abs. 2 VAG sowie § 210 Abs. 1 VVG in Verbindung mit der Solvency-II-Richtlinie (EU).
- Großrisiko ist ein Versicherungsnehmer, der mindestens zwei der drei Kriterien überschreitet:
- Bilanzsumme > 6,2 Mio. €
- Nettoumsatz > 12,8 Mio. €
- 250 Mitarbeiter
- Unabhängig von Unternehmensgröße zählen auch bestimmte Sparten immer als Großrisiko: Transportmittel (Schiffe, Flugzeuge, Eisenbahnen), Gütertransporte, Kredit- und Kautionsversicherung.
Österreich
- Rechtsgrundlage: §§ 4 Z 5 und 210 ff. VAG 2016.
- Definition und Kriterien sind weitgehend identisch mit Deutschland (Umsetzung der Solvency-II-Richtlinie).
- Auch hier gilt:
- Bilanzsumme > 6,2 Mio. €
- Nettoumsatz > 12,8 Mio. €
- 250 Arbeitnehmer
- Gleiche „automatische“ Großrisiken: Transportmittel, Güter in Transit, Kredit- und Kautionsversicherung.
Schweiz
- Rechtsgrundlagen: Art. 2 Abs. 2 lit. b VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz), Art. 35 VVG (Versicherungsvertragsgesetz), Art. 5 AVO (Aufsichtsverordnung).
- Kriterien für Großunternehmen: mindestens zwei von drei Schwellenwerten überschritten:
- Bilanzsumme > ca. 20 Mio. CHF
- Jahresumsatz > ca. 40 Mio. CHF
- 250 Arbeitnehmer
- Bestimmte Sparten gelten unabhängig von der Unternehmensgröße als Großrisiken (Luftfahrt, Schifffahrt, Transport, Kredit und Kaution).
- Für Großrisiken dürfen auch ausländische Versicherer ohne FINMA-Lizenz direkt Deckung anbieten.
Fazit
Die gemeinsame Linie in Deutschland, Österreich und der Schweiz:
- Großrisiken sind von vielen regulativen Pflichten befreit.
- Internationale Versicherer dürfen solche Risiken oft direkt zeichnen.
- Ziel ist es, global tätigen Unternehmen flexible Absicherung zu ermöglichen, ohne durch nationale Vorschriften behindert zu werden.
So erleichtern die Aufsichtsbehörden im deutschsprachigen Raum die grenzüberschreitende Versicherung von Großrisiken – ein wichtiger Beitrag für Industrie, Handel und Infrastruktur.