2) b) Motive und Geschäftsumfang
i. Motive
Mit der Revision 2024 der AVO hat der Bundesrat den neuen Art. 1f AVO eingefügt, mit welchem ein Kleinstversicherungsregime (Sandbox) eingeführt wurde, das bewusst für neue Versicherungsunternehmen mit einem sehr geringen Geschäftsvolumen geschaffen wurde um Innovation ohne schwerfällige Regulierung zu fördern. Der Bundesrat verfolgt damit insbesondere das Ziel, neuen Versicherungsunternehmen mit kleinen, neuartigen Geschäftsmodellen einen risikoangepassten Markteintritt zu ermöglichen – ohne die hohen Kapital- oder Governance-Auflagen beaufsichtigter Gesellschaften.
Hauptmotiv für die Gründung einer gemäss der AVO Revision 2024 Art. 1f AVO zulässigen innovativen Versicherungs-Genossenschaft mit Sitz ist in der Schweiz bildet die Erkenntnis und die Überzeugung, dass das auf genossenschaftlicher Basis Peer-to-Peer (P2P) Versicherungsschutz, mit Hilfe des Einsatzes von innovativen IT-Lösungen und in enger Zusammenarbeit mit Risikospezialisten und Dritten – z.B. durch das nahtlose Einbetten von Versicherungslösungen in Wertschöpfungsketten – kundenorientierter, kosteneffizienter und mit breiteren Datenanalysen zu Verfügung gestellt werden kann, als dies durch etablierte Versicherungsgesellschaften mit historisch gewachsenen Strukturen und komplexen IT-Lösungen und unpassenden Risikoanalyse geschieht.
Mit den IT-Lösungen der Hesse-Gruppe kann die Genossenschaft über technologische Lösungen verfügen, mit welcher die Genossenschaft und deren Mitgliedern komparative Marktvorteile zu klassischen Versicherungslösungen generieren kann. Dies, indem namentlich Daten friktionslos innerhalb einer einzigen IT-Lösung End-to-End, im Sinne und dem Zweck einer Versicherungsgesellschaft entsprechend, verarbeitet werden können.
Ein Kerngedanke gemäss Botschaft (BBl 2020, S. 8982) vom 21.10.2020 zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) der im 2024 in Kraft getretenen VAG-Revision bestand darin, dass bei Versicherungsunternehmen mit professionellen Versicherungsnehmern der gesetzliche Schutzbereich angemessen eingeschränkt werden soll. Die Regulierung soll sich stärker am Schutzbedürfnis der Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmer ausrichten («kundenschutzbasiertes Aufsichtskonzept»), was mit dem Zusatz «nach Massgabe ihrer Schutzbedürftigkeit» in Art. 1 Abs. 2 VAG ausgedrückt wird.
Zur Wahrung der Zukunftsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes und zur Förderung der Innovation im Versicherungsbereich wurde der Bundesrat hierbei gemäss Botschaft (BBl 2020, S. 8985ff.) vom 21.10.2020 zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) in Art. 2 Abs. 5 lit. b VAG ermächtigt kleine Versicherungsunternehmen von der Versicherungsaufsicht zu befreien, insbesondere (aber nicht nur) zur Förderung der Zukunftsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes .
Damit wurde zum einen die bisher der FINMA zustehende Kompetenz, Versicherungsunternehmen, deren Versicherungstätigkeit von geringer wirtschaftlicher Bedeutung ist oder nur einen kleinen Kreis von Versicherten betrifft, von der Aufsicht zu befreien, wenn dies besondere Umstände es rechtfertigen, in Form einer Verordnungskompetenz auf den Bundesrat übertragen. Der Bundesrat sollte deshalb bei der Ausarbeitung der entsprechenden Verordnungsbestimmungen (AVO) die Förderung der Zukunftsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes ins Zentrum stellen, ohne dabei einen angemessenen Schutz der Versicherten zu vernachlässigen.
Die Förderung innovativer Geschäftsmodelle soll zudem auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sein und nicht auf kurzfristigen Erfolg. In diesem Sinn sollte der Bundesrat die Gewährung von Ausnahmen an Bedingungen knüpfen können. Solche Bedingungen können sein: Sitz in der Schweiz, Garantien (bspw. auch in Form von Rückversicherungen), eine angemessene Information der Kundinnen und Kunden, Anforderungen an die Organisation.
Insbesondere gewisse Ausprägungen der Peer-to-Peer-Versicherungen sollten von der Befreiung profitieren (Erläuternder Bericht S.8986). Im Konzept der Peer-to-Peer-Versicherung vereinbaren eine kleinere Anzahl von Personen (Pool), dass Kleinschäden bis zu einer gewissen Grenze aus einem Teil der Summe der Jahresprämien ebendieser Personen finanziert werden, während allfällige weitere versicherte Schäden von einem regulären (Rück-) Versicherungsunternehmen übernommen werden. Ein bis zum Ende der Abrechnungsperiode nicht verbrauchter Teil der Prämie sollte zurück an die Poolmitglieder fliesen. Soweit vereinbart wird, dass für die beteiligten Poolmitglieder nach Zahlung der Jahresprämie keine Nachschusspflicht besteht und der vom Pool übernommene Jahresschaden eine festzulegende Grenze nicht übersteigt, sollte eine Befreiung von der Unterstellung unter die Versicherungsaufsicht durch den Bundesrat in der AVO denkbar sein.
Aufbauend auf die VAG Revision hat der Bundesrat mit der ebenfalls im 2024 in Kraftgetretenen angepassten Versicherungsaufsichtsverordnung (AVO) gemäss dem Erläuternden Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens vom 17.5.2022 zur Änderung der Aufsichtsverordnung von dem Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD) mit reduzierten Aufsichtsanforderungen für kleine Versicherungen sowie die Erleichterungen für innovative Anbieter die Markteintrittshürden reduziert und eine Stärkung des Wettbewerb ermöglicht.
Der Gesetzgeber hatte festgelegt, dass Innovation im Versicherungsbereich möglich sein soll und den Bundesrat in Art. 2 Abs. 5 Bst. b VAG beauftragt, die Rahmenbedingungen zu definieren. Die Artikel 1b–1f der AVO setzen diesen Auftrag um und betten ihn – aufbauend auf den Grundsätzen der Aufsicht – in ein Gesamtkonzept einer verhältnismässigen und abgestuften Aufsicht ein.
Die finanzmarktrechtlichen Vorschriften und die Aufsicht sollen verhältnismässig sein und den unterschiedlichen Grössen, Geschäftsmodellen und Risiken der einzelnen Institute Rechnung tragen. Die Versicherungsregulierung soll deshalb nicht innovationshemmend wirken oder (insbesondere kleinen Versicherungen) überproportional hohe Kosten verursachen.
Zur Erleichterung des Markteintritts insbesondere von innovativen Versicherungsunternehmen werden diese unter gewissen Auflagen (Sandbox) von der Aufsicht befreit (Art. 1f AVO).
Hier werden die Bedingungen für die Befreiung von der Aufsicht für Unternehmen, die sich im Geschäftsaufbau befinden und vorderhand nur über ein sehr geringes Geschäftsvolumen verfügen, festgelegt. Die Bedingungen sollen:
─ den Unternehmen keine «innovationsverhindernden» Hürden im Sinn von bereits sehr hohen Kapital- und Governance-Anforderungen auferlegen;
─ dennoch einen bereits in diesem Rahmen erforderlichen Versichertenschutz gewährleisten, indem das zulässige Geschäftsvolumen im «aufsichtsbefreiten Raum» beschränkt und Auflagen für eine umfassende Transparenz gegenüber den Versicherten vorgegeben werden;
─ eine klare Abgrenzung zu bereits lizenzierten und beaufsichtigten kleinen Versicherungsunternehmen schaffen, um eine Ungleichbehandlung zu verhindern.
Daneben können auch Versicherungsvermittler können unter bestimmten Voraussetzungen aufsichtsfrei tätig sein (Art. 1h AVO).
ii. Geschäftsumfang
Die Genossenschaft beabsichtigt mit ihrer auf genossenschaftlicher Grundlage in gemeinsamer Selbsthilfe und Mitverantwortung beruhenden Produktlinienstrategie die Schaffung einer diversifizierten Plattform, die massgeschneiderte sowie Spezialversicherungslösungen beinhaltet und es erlaubt, eine marktführende Mitglieder- und Kundenzufriedenheit zu erzielen.
Geschäftsbereiche:
Die Genossenschaft sucht Ihren Zweck durch Tätigkeit mit folgenden Genossenschaftsmitteln zu erreichen:
- Nach ihrem Ermessen, ihren Regeln und im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihren Genossenschaftlern Kosten für von ihr selbst oder von Genossenschaftlern erbrachten oder von ihr oder von Genossenschaftlern organisierten Hilfeleistungen teilweise oder ganz zu erlassen oder zu ersetzen, falls Versicherungen oder andere Dritte nicht leistungspflichtig sind und für die Kosten des Einsatzes nicht oder nur teilweise aufkommen müssen. Die Genossenschaft erbringt ihre Hilfeleistungen und gewährt auch den Kostenerlass in jedem Fall ohne Bestehen einer Rechtspflicht;
- Entwicklung von Versicherungsprodukten und Direktvertrieb derselben;
- Den Geschäftsbetrieb einer Versicherung auf genossenschaftlicher Grundlage;
- Die Bereitstellung von Kontaktdaten von Versicherungsvermittlern oder in- und ausländischen Versicherungsunternehmen an interessierte Personen;
- Die zur VerfĂĽgungstellung und reine Weitergabe von Daten, Informationen, reine Adressvermittlung, Tippgebung oder ZufĂĽhrung zu Versicherungsprodukten ohne UnterstĂĽtzung beim Abschluss eines Versicherungsvertrages der interessierten Personen;
- Hinsichtlich der Stempelabgaben auf Versicherungsprämien die Anmeldungen inländischer Versicherungsnehmer nach Vertragsabschluss bei der ESTV, welche mit einem nicht der Bundesaufsicht unterstellten ausländischen Versicherer Verträge abschliessen, zu unterstützen sowie die amtlichem Formulare der ESTV zur Entrichtung Stempelabgabe innert 30 Tagen nach Ablauf jedes Quartals für die in diesem Zeitraum bezahlten Prämien vorzubereiten;
- Das Nehmen von RĂĽckversicherungen und sonstigen Risikotransfervereinbarungen (alternativer Risiko Transfer) aller Art;
- Die Zeichnung von maximal 5’000 Policen in der Direktschaden- und Rückversicherung mit einem gesamten Prämienvolumen von maximal 5 Millionen Franken von Versicherungsprodukten, welche sich den nachfolgenden Versicherungszweigen nach Anhang 1 AVO (SR 961.011) zuordnen lassen:
– B3 Landfahrzeug-Kasko
– B4 Schienenfahrzeug-Kasko
– B5 Luftfahrzeug-Kasko
– B6 See-, Binnensee- und Flussschifffahrts-Kasko
– B7 TransportgĂĽter
– B8 Feuer und Elementarschäden
– B9 Sonstige Sachschäden
– B14 Kredit
– B15 Kaution
– B16 Verschiedene finanzielle Verluste
– B17 Rechtsschutz
– B18 Touristische Beistandsleistung - Die Erbringung von MWST-steuerbaren Serviceleistungen im Bereich des Versicherungswesen von insgesamt weniger als 100’000 Franken pro Jahr;
- Der Versicherung von zu Arbeitsverträgen durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag vereinbarter Regelungen in den Versicherungszweigen B16 und B18 oder hierzu den Risikoausgleich im weitesten Sinne durchzuführen oder zu begleiten;
- Die Entwicklung von Mitversicherungsprodukten und Zeichnung derselben als auch Administration von Mitversicherung in bewusstem Zusammenwirken mit mehreren Versicherern zur Versicherung von Risiken, wobei jeder Mitversicherer einen Anteil des Risikos in eigenen unabhängigen Verträgen trägt;
- Die Entwicklung von und Zeichnung derselben als auch Administration von Gruppenversicherungsverträgen für oder mit Versicherungsvermittlerinnen und -vermittlern;
- Die Entwicklung von und Zeichnung derselben als auch Administration von Peer-to-Peer-Geschäftsmodellen, Beistandsvereinbarungen, Ausfall-, Stopp-Loss-, Deductible-Buyback- und anderweitig zugehörigen Versicherungsverträgen für oder mit den Peers, Versicherungsvermittlerinnen und -vermittlern;
- Der Erbringung von Riskmanagement und Schadenverhütung für Ihre Mitglieder und kann sich entsprechend engagieren und Beiträge leisten.
- Dienstleistungen für Dritte erbringen, Beteiligung an Unternehmen tätigen, mit diesen Kooperationen eingehen oder sich mit diesen zusammenschliessen und alle Geschäfte zu tätigen, die direkt oder indirekt mit ihrem Zweck in Zusammenhang stehen und geeignet sind, die Erreichung des Genossenschaftszweckes zu fördern oder zu erleichtern, einschliesslich des Erwerbs oder Verkaufs von Grundeigentum.
Die detaillierte Beschreibung der Versicherungsleistungen, welche den oben genannten Versicherungszweigen zugeordnet werden können, erfolgt im Rahmen des Tätigkeitsplans.
Tätigkeitsländer
Die Genossenschaft hat Ihren Sitz in der Schweiz und kann auch international tätig werden.
Zielmärkte
Die Genossenschaft steht für digitale Risikotransferprozesse, die eine Mitglieder- und Kundenorientierte, hohe Produkt- und Servicequalität, ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis sowie eine einfache Abwicklung und Vertragsverwaltung ermöglichen. Nahtlose digitale Produkte bieten flexible Preisoptionen, Bündelungen und Abonnementmodelle (Versicherungsverträge mit monatlicher Laufzeit und stillschweigender Verlängerung um jeweils einen weiteren Monat) einschliesslich proaktiver Angebote.
Die innovativen Produkte sind auf Mitglieder- und Kundenbedürfnisse zugeschnitten und modular aufgebaut, so dass Genossenschaftler, Kundinnen und Kunden den von ihnen benötigten Risikotransfer und die von ihnen gewünschten Leistungen auswählen und sich ihre eigenen, massgeschneiderten Pakete zusammenstellen können, anstatt Standardlösungen auswählen zu müssen.
Strategische Ausrichtung der Ganesha-Versicherungs-Genossenschaft
In der Initialphase sollen RĂĽcklagen geschaffen werden, so dass der notwendige Einkauf von RĂĽckversicherung ĂĽber die Zeit auf Spitzenrisiken reduziert werden kann und die Kostenersparnis hieraus den Genossenschaftlern in einer Ausweitung der Absicherung und in einer Reduktion der Kosten zukommt.
Mit einer Diversifizierung der Risikoarten und Risikoswaps mit anderen Risikoträgern sollen die Volatilität gesenkt und weitere Kostenoptimierungen verfolgt werden.
Mit der Akkumulation von Risikodaten soll die Aussagekraft der Daten für die Genossenschaft und die Rückversicherer erhöht und die Erkenntnisse für Risiko- und Kostenoptimierung genutzt werden.