Entzug einer Versicherungslizenz in Liechtenstein

Der Verwaltungsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein, Vaduz, hat in der nicht-öffentlichen Sitzung vom 25. März 2025 die Zulässigkeit eines Bewilligungsentzug nach VersAG durch die FMA der Hesse Digital AG bestätigt.

Dieses Urteil steht hier zur Einsicht zur Verfügung und wird nachfolgend kommentiert.

Unzulässige FMA – Verfügung vom 17. Januar 2025

Der Verwaltungsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein (VGH) entscheidet unter Ziffer 3 (Seite 2) des Urteils, dass die Verfügung der FMA vom 17. Januar 2025 zu AZ 7462/359468/2025 ersatzlos aufgehoben wird. Der VGH bestätigt somit die von der Hesse Digital AG vorgeworfene Unzulässigkeit dieser FMA – Verfügung.

Beschwerdegründe und Vorwürfe gegen die FMA

Als Beschwerdegründe und Vorwürfe gegen die FMA wurden von der Hesse Digital geltend gemacht:

  • unrichtige rechtliche Beurteilung durch die FMA;
  • unmittelbare Verletzung und Benachteiligung von rechtlich anerkannten und von der Beschwerdekommission zu schützenden Interessen der Hesse Digital AG durch das Verhalten und die Erledigung der FMA;
  • unmittelbar unzweckmässige und unbillige Behandlung durch die FMA hinsichtlich der Interessen der Hesse Digital AG sowie Gesetz- und Verfassungswidrigkeiten, im Besonderen (aber nicht ausschliesslich)
    • unrichtige rechtliche Beurteilung inkl. Verletzung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes durch die FMA, 
    • Verletzung des Willkürverbotes durch die FMA,
    • Verletzung allgemeiner Grundprinzipien und Verfahrensvorschriften durch die FMA, 
    • Grundrechtsverletzungen durch die FMA,
      • Verletzung des Rechts auf freie Niederlassung und des freien Dienstleistungsverkehrs insbesondere im Sinne des EEA Agreement, EEA Agreement Protocol 1, 
      • Verletzung des Rechts auf freie Niederlassung und freien Dienstleistungsverkehr und der Kapitalverkehrsfreiheit gemäss EWR-Abkommen sowie des relevanten EWR-Sekundärrechts; EEAm Agreement, Protocol 1, Solvency II Directive (Directive 2009/138/EC), EIOPA Regulations (Regulation (EU) No 1094/2010) und Delegated Regulations under Solvency II (EU) 2015/35 (EU) 2016/97,
      • Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren und des Diskriminierungsverbots im Sinne der europäischen Menschenrechtskonvention,
      • Verletzung des Eigentumsrechts gemäss LV, Protokoll 1-1 zur EMRK und EWR-Abkommen,
      • Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit gemäss LV und EU Grundrechtecharta,
    • ungebührliches Benehmen bei der Ausübung von Amtshandlungen durch Mitarbeiter der FMA, 
    • Nichtbefolgung oder unrichtige Vollziehung der gesetzlich obliegenden oder von der Regierung (Amtspersonen) aufgetragener Amtshandlungen und Missachtung der Eignerstrategie zu der FMA,
    • Nichttätigwerdens, Verweigerung, Trölerei und sonstige Verzögerung bzw. Unterlassungen einer Verwaltungshandlung durch die FMA, und
    • Mutmasslicher Verstoss gegen § 295 und § 302 StGB. 

Sachverhalt

Dem VGH wurde der tatsächliche Sachverhalt präzise dargelegt. Gemäss Hesse Digital und dem Hauptaktionär stellt sich dieser Sachverhalt und die Beschwerdegründe wie folgt dar:

Die FMA hat Massnahmen vorgesehen, die weder verhältnismässig noch ausreichend abgewogen wurden. Alternative Ansätze wurden offensichtlich durch die FMA nicht geprüft. Zudem stützt sich die angefochtene FMA Verfügung insbesondere auf eine fehlerhafte rechtliche Beurteilung.

Der FMA wurde eine massgebliche Verletzung geschützter Grundrechte zu Lasten der Hesse Digital AG vorgeworfen, welche durch die angefochtene Verfügung in erheblichem Masse beeinträchtigt wurden. 

Ein dem VGH vorgelegtes Rechtsgutachten, angefertigt durchProf. Dr. Dr. h.c. Carl Baudenbacher und Dr. Laura Melusine Baudenbacher von der Baudenbacher Law AG vom 18.12.2024 zeigt insbesondere einen spezifischen Sachverhalt, aus welchem der FMA eine unzulässige Behinderung von Privatinvestoren bzw. Private-Equity-Investoren anzurechnen sei. Dieses Vorgehen der FMA stellt einen massiven Eingriff in die Rechte der Beschwerdeführerin dar.

Tatsachenwidrige Tatbestandsdarstellungen im Urteil durch as VGH

Die Hesse Digital AG hat gegenüber dem VGH in der Beschwerde gegen die FMA schriftlich festgehalten hat, dass die von der FMA geschilderte und von der FMA-BK übernommene Darstellung des Sachverhalts auf Annahmen und rechtlichen Wertungen beruhte, die weder ausreichend geprüft noch hinterfragt wurden. Insbesondere die Behauptung der FMA, die Hesse Digital habe kapitalrechtliche Bewilligungsanforderungen verletzt, wurde entschieden zurückgewiesen. Die FMA-BK hat in ihrer Entscheidung keine eigenständige Bewertung der Argumente der Beschwerdeführerin vorgenommen, sondern die Sichtweise der FMA ungeprüft übernommen.

Auch das VGH hat in seinem Urteil eine Vielzahl von tatsachenwidrige Tatbestandsdarstellungen von der FMA übernommen:

Seite 4 – Ziffer 2.1.

Es gibt keine Zusicherungen im Bewilligungsgesuch, dass Investoren gefunden werden. Auch wird eine solche Zusicherung nicht in dem Protokoll erwähnt.

Seite 7 – Ziffer 2.9.

Im vom Gericht zitierten Verwaltungsratsprotokoll wird festgehalten, dass nach Ansicht des CFO der Trigger für einen möglichen Run-Off bei einer Unterschreitung eines PGR Kapitals von EUR 10 Millionen liegt. Es wurde jedoch nicht von einem von der FMA geforderten Kapital gesprochen noch festgestellt oder durch den Verwaltungsrat bestätigt, dass festgestellt, dass ein Auslöser für die Abwicklung der Beschwerdeführerin die Unterschreitung des von der FMA geforderten Eigenkapitals der Beschwerdeführerin in Höhe von mindestens EUR 10 Millionen sei.

Der CFO hat entgegen der Darstellung durch das Gericht nicht eine Umsetzung des Run-off-Plans empfohlen, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass ein run-off der Gesellschaft empfohlen werden sollte, wenn bis Ende August kein zusätzliches Kapital in Aussicht gestellt oder zugeführt würde. Folglich wurde am 18.7.2024 eindeutig ein Entscheidungsbedarf des Verwaltungsrat für oder gegen eine run-off Empfehlung auf einen Zeitpunkt nach dem 1. September dokumentiert.

Seite 8 – Ziffer 2.10.

In dem zitierten Protokoll wird nicht wie von dem Gericht dargestellt, dass «der Hauptaktionär 23 Private Equity-Fonds angesprochen, von denen vier tatsächlich geantwortet hätten». Das Protokoll führt stattdessen aus, dass innert weniger Tage nach Ansprache 4 potentielle Investoren Rücksprache mit dem Hauptaktionär genommen haben. In dem Protokoll wird weiterhin durch den CEO erwähnt, dass Dank Unterstützung durch den Hauptaktionär die Investoren Strategie massgeblich verbessert wurde.

Weiterhin stellt das Gericht tatsachenwidrig dar, dass gemäss dem Protokoll der Hauptaktionär für die Finanzierung eines Rückversicherungsunternehmens auf Bermuda warb. Richtig ist, dass eine Rückversicherungsstrategie unter Anspruchnahme von in Bermuda ansässigen Rückversicherern das Kapitalmanagement und die Erträge der Gesellschaft optimiert werden können.

Genau sowenig wurde durch den Hauptaktionär für den Erwerb von europäischen Versicherungsunternehmen oder Versicherungsbeständen geworben. Richtig ist, dass in der Investment Strategie für potentielle Investoren die Option M&A und den Erwerb von unterbewerteten Versicherungsbeständen aufgenommen wurde.

Auch wird von dem Gericht falsch dargestellt, dass in der Erwartung des Hauptaktionärs der Beschwerdeführerin für die Umsetzung ihrer Strategie substantielle Vermögenswerte von bis zu EUR 1 Millarde zur Verfügung stehen würden. Richtig ist, dass der Hauptaktionär lediglich davon überzeugt war, dass die Gesellschaft befähigt war, signifikante Vermögenswerte bis EUR 1 Milliarde zu verwalten und Investment Erträge mit strategischen Initiativen zu erzielen.

… wird fortgesetzt …

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